10. Jahrestag des Amoklaufs von Erfurt

Landesverband der Bayerischen Schulpsychologen LBSP zieht Schlussfolgerungen aus 10 Jahren Krisenintervention in Schulen

Vor zehn Jahren, am 26. April 2002 geschah das Unerwartete: Ein ehemaliger Schüler stürmte das Gutenberg-Gymnasium in Erfurt und tötete und verletzte Lehrer und Mitschüler schwer. Mehrere hundert Menschen wurden durch dieses Ereignis psychisch schwer traumatisiert. Da man in Thüringen damals nicht auf diese Katastrophe vorbereitet war, bat das thüringische Kultusministerium um Amtshilfe durch bayerische Schulpsychologen. Schon am nächsten Tag war ein in Krisenintervention qualifiziertes Team vor Ort und nahm seine schwierige Unterstützungsarbeit auf. Seither hat diese inzwischen erweiterte Expertengruppe – Kriseninterventions- und Bewältigungsteam bayerischer Schulpsychologen (KIBBS) - zahlreiche Einsätze in Bayern und in benachbarten Bundesländern hinter sich gebracht und sich in dieser Aufgabe bewährt.
Da solche und ähnliche Gewalttaten in der jüngsten Vergangenheit immer wieder aufgetreten sind und auch künftig nicht auszuschließen sind, hat der Landesverband der Bayerischen Schulpsychologen LBSP folgende Schlussfolgerungen gezogen:

Mobbing-Situationen können zum Auslöser solcher Katastrophen werden. Der Anti-Mobbing-Intervention im schulischen Feld kommt daher ein wichtiger Stellenwert zu.
Lehrkräfte müssen gezielt sensibilisiert werden, auf mögliche Ursachen oder Anlässe zu schauen.
Es lassen sich klare Warnzeichen ermitteln, die man rechtzeitig beachten und auf die man schon in einem Frühstadium reagieren und entsprechend handeln muss.
Spezifisch fortgebildete Schulleiter, Lehrerkollegien und schulische Krisenteams können das Entstehen oder zumindest die Eskalation solcher Krisen verhindern.
Nach einem solchen Ereignis ist die jeweilige Schule nicht mehr die gleiche , die sie zuvor war, sie braucht zur Aufarbeitung professionelle Unterstützung und Nachsorgemaßnahmen.

Um langfristige psychische Belastungen oder Störungen bei den Beteiligten zu verhindern, muss mit allen Personen, die in eine solche Krise hineingezogen wurden, intensiv psychologisch gearbeitet werden.

Die zehnjährigen Erfahrungen der bayerischen Schulpsychologen zeigen: Solche Schulkatastrophen lassen sich nicht grundsätzlich verhindern, aber mit professioneller schulpsychologischer Hilfe können Eskalationen verhindert und die seelischen Schäden für die betroffenen Personen begrenzt werden.

Hans-J. Röthlein
1.Vorsitzender LBSP