Interventionsleitfaden zum Umgang mit verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern
(Stefan Ermel)

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Das Angebot von SchulpsychologInnen besteht darin, in der Kooperation mit Lehrkräften, schwierigen Schülern einen Weg zu konstruktiver Beteiligung am Unterricht zu öffnen u./o. Lehrkräften Unterstützung zu bieten im manchmal mühsamen Veränderungsprozess.
Der folgende Leitfaden ist nicht als Kochrezept zu verstehen, sondern als Reflexionshilfe für eigenes Verhalten, eventuell auch als Anregung, schulpsychologische Beratung in Anspruch zu nehmen.

1.Der Ist-Zustand: Analyse der Situation
Selbstkritische Analyse der eigenen Rolle objektive Sichtweise, Rollenverständnis, eigene Erwartungen und Ansprüche Verhaltensbeobachtung des Schülers:

• Beobachtung positiver Aspekte
• Gedächtnisprotokoll, exakte Zeitangaben
• Überforderung, Unterforderung prüfen
• Beobachtung der Lerngruppe, Analyse der äußeren Bedingungen
• Austausch, Zusammenarbeit an der Schule mit Klassenleiter, Fachlehrer, Eltern, Schulleiter

2.Der Soll-Zustand: Zielformulierung
• Welche Veränderung will ich erreichen? Welche Verhaltensweisen will ich unverändert lassen?
• Bei welchen Verhaltensweisen besteht überhaupt die Chance zu einer kurzfristigen Veränderung?
• Welche flankierenden Maßnahmen brauche ich?
• Wer kann bei der Intervention helfen?
• Wodurch wird sich eine Veränderung erkennen lassen? Prinzip der kleinen Schritte!
• Mit Rückschlägen rechnen

3.Der Weg: Planung und Durchführung einer Intervention
3.1.Lehrerverhalten
• Lehrersprache (-gestik, -mimik): Kommt wirklich das beim Schüler an, was ich beabsichtige?
• Eigene Routinen, Verhaltensmuster durchbrechen: gezielte, geübte Veränderung ... oder verhalten Sie sich einfach einmal anders! (Molnar/Lindquist, S. 32)
• Ein für die Schüler kalkulierbares Lehrerverhalten zeigen
• Ankündigung von Maßnahmen: Konsequenz und  Humor

3.2.Arbeit mit dem auffälligen Schüler (bzw. der Schülergruppe)
• Perspektivenwechsel: sich in den Schüler hineinversetzen
• Einbeziehung des betroffenen Schülers (bzw. der Schülergruppe) in die Planung und Durchführung von Maßnahmen
• auf Stärken aufbauen
• sukzessiv wenige, klare, einfache Regeln festlegen
• sofortige Belohnung und Strafen, Angemessenheit der Maßnahmen überprüfen
• Verhaltensmodifikation und Maßnahmen zur Selbststeuerung z.B. Selbstbekräfti-gungsformeln, Zauberwörter, Detektivbogen zur Selbsteinschätzung
• Lokalisierung von Ausnahmen: Sich auf das stürzen, was kein Problem ist.

3.3.Rahmenbedingungen des Unterrichts
• Ordnung und strukturierte Arbeitsplätze
• nicht immer die 6. Stunde für soziale Erziehung oder musische Inhalte

3.4  Gestaltung des Unterrichts
• Vorbereitung des Unterrichts: Rhythmisierung, Strukturierung
• Zeit für die Beschäftigung mit Störungen einplanen
• Arbeitsmaterial beschränken, Sitzordnung, Klassenzimmergestaltung
• Stillarbeitsphasen

3.5.Zusammenarbeit im Kollegium
• Time-out-Plan: Wohin geht ein Schüler, wenn er nicht mehr tragbar ist? Welche Aufgaben hat er zu erledigen?
• gemeinsame Absprachen und Fallbesprechungen
• Früherfassung bzw. langfristige Betreuung auffälliger Schüler

4.Überprüfung des Erfolgs
• Wirkung der Maßnahmen abwarten, auch auf kleinste Fortschritte achten
• Veränderungen für den 2. Versuch

Literatur
Hane, W.: Beratungsgespräche mit Eltern bei kindlichen Verhaltensauffälligkeiten. Kissing: WEKA Fachver-lag für Behörden und Institutionen 1996 (aktueller Stand).
Körndl, M.: Konzentration – fünf Schritte zum Erfolg. Regensburg: Wolf Verlag 1994.
Korte, J.: Stundenentwürfe zur sozialen Unterweisung. Weinheim, Basel: Beltz Verlag 1997.
Miller, R.: Das ist ja wieder typisch. Weinheim,Basel: Beltz Verlag 1995.
Molnar, A. & Lindquist, B.: Verhaltensprobleme in der Schule. Lösungsstrategien für die Praxis. Dortmund: borgman publishing GmbH 1995.
Petermann, F. & Petermann, U.: Training mit aggressiven Kindern. Weinheim, Basel: Beltz Verlag 1993.
Petermann, F. & u.a.: Sozialtraining in der Schule. Weinheim: Psychologie Verlags Union 1997.
Schulz von Thun, F.: Miteinander reden 1. Störungen und Klärungen. Hamburg: rororo sachbuch 1990.
Tennstädt, K.C. (Hrsg.): Das Konstanzer Trainingsmodell (KTM). Bern: Hans Huber Verlag 1990.

Informationen zum Autor
Stefan Ermel, Staatl. Schulpsychologe
Schulpsychol. Dienst, Brauhausstr. 15, 91522 Ansbach
Tel. 0981-4879914 oder -27