Depressionen bei Kindern und Jugendlichen

Monika Bentz / Sonja Maier
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Lange Zeit dachte man, dass Kinder und Jugendliche nicht an Depressionen erkranken. Heute weiß man, dass es Depressionen oder depressive Verstimmungen auch bei Kindern  und Jugendlichen gibt, dass sie sich aber deutlich von den Depressionen der Erwachsenen unterscheiden. Sie werden deshalb noch häufig verkannt. Wie zeigen sich Symptome einer Depression bei  Kindern und Jugendlichen?

Kleinkindalter /auch SVE
  • Gehemmtheit
  • Trennungsängste
  • Spielaktivitäten eingeschränkt
  • Interessensverlust
  • Traurigkeit
  • Müdigkeit
  • Appetitstörungen/Naschsucht
  • Schlafstörungen
  • Umtriebiges Hin- und Herlaufen ohne gezielte Aktivität: (innere Unruhe)
  • Bauch-, Kopfschmerzen
  • Konzentrationsprobleme Reizbarkeit, Wutausbrüche
     
Grundschulzeit/mittlere Kindheit
  • Stimmungsschwankung en
  • Antriebsschwäche
  • Müdigkeit (Gähnen)
  • Kontaktschwäche (Rückzug)
  • Somatische Beschwerden
  • Essstörungen,
  • Ein- u. Durchschlafstör.
  • Zwanghafte Handlungen (Puppen in Reih und Glied,, Stifte immer aufgereiht)
  • Rückfall in frühere Entwicklungs-Stufen: Einnässen, Einkoten
Hauptschulzeit
  • Verminderte Schulleistungen bis zur Leistungsverweigerung
  • Interessensverlust-Leistungsabfall in der Schule
  • Antriebsschwäche
  • Sozialer Rückzug- Schulschwänzen
  • Somatische Beschwerden
  • (Kopf-,Bauchschmerz)
  • Esstörungen(bis zu Anorexie, Bulimie)
  • Schlafstörungen
  • Tablettenmissbrauch
  • Drogensucht- illegales Verh.
  • Alkoholmissbrauch
  • Vernachlässigung der Körperhygiene
  • Dissoziales Verhalten
  • Aggressivität
  • Suizidgedanken- Schuldgefühle

Depressionen bei Kindern und Jugendlichen werden deshalb oft verkannt, weil die Schüler durch Verhaltensweisen auffallen, die Erwachsene eher in die Richtung „faul und aggressiv“ einordnen. Für die Schüler sind diese Verhaltensweisen meist ein Schutzmechanismus , um innere Leere, Hoffnungslosigkeit und Stimmungstiefs zu ertragen. Häufig kommt es zu Überschneidungen mit anderen Erkrankungen und Störungsbildern, so dass die Diagnose schwierig zu stellen ist .

Wo liegen die Ursachen von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen?

Man geht nach neueren Forschungen von multifaktoriellen Bedingungen und Ursa-chen aus. Es gibt neurophysiologische und genetische Theorien zur Entstehung ei-ner Depression, aber auch psychologische und gesellschaftliche Faktoren.

Auslösende Faktoren  (Risikofaktoren) können sein:
  • einschneidende Lebenserfahrungen wie Tod, Trennung, Umzug, Scheidung,
  • Misshandlung und sexuelle Gewalt
  • chronische körperliche Erkrankungen, Unfälle, Missbildungen
  • Hoch- oder Minderbegabung
  • Schwellensituationen (Eintritt in Kindergarten, Schule, Gymnasium, Lehre)
  • Erkrankung eines Elternteils (speziell an einer Depression)


Auswirkungen und Folgen in der Schule
Depressionen verhindern eine altersgemäße normale seelische Entwicklung bei Kindern, Besonders beeinträchtigt ist die psychosoziale Entwicklung im schulischen und privaten Bereich. Leistungsminderung bis hin zu Leistungsverweigerung führen meist zu erheblichen Schulproblemen. Gerade bei Jugendlichen kann es sein, dass sie gar nicht mehr zur Schule gehen und damit als Dauerschwänzer gelten. Gehäufte aggressive Auseinandersetzungen mit Jugendlichen und Er-wachsenen , Alkohol und Drogenkonsum oder auch kriminelle Handlungen kön-nen Folgen einer Depression sein. Die Gefahr der Selbsttötung ist groß. Suizid ist die häufigste Todesart im Jugend-alter. Signale sind sozialer Rückzug, Selbstmordgedanken und Selbsttötungsankündi-gungen, vorsätzliche Selbstverletzung, Abschiedsbriefe. Aber auch ein scheinbar plötzlicher Stimmungsumschwung kann ein Signal sein, dass ein Jugendlicher sich zum Suizid entschlossen hat.
Behandlungsmöglichkeiten –Therapie
Psychotherapeutische Behandlungsstrategien, die Erfolg zeigen sind: Aktivierung, Entwicklung von Problemlösefähigkeit, Selbstkontrollmethoden, das Unterbrechen negativer Denkprozesse, die Verbesserung der sozialen Kompetenz und Selbst-sicherheitstrainings. Neben medikamentöser Behandlung mit Antidepressiva gibt es weitere professionelle Therapien (Lichttherapie, Schlafentzugstherapie).


Was können Sie als Lehrkraft tun?
  • Sprechen Sie mit den Eltern über Ihre Beobachtungen. Elternberatung ist vordringlich!
  • Versuchen Sie Vertrauen zum Kind/Jugendlichen aufzubauen (Ansprechpartner sein)!
  • Als unterrichtliche Methode hat sich Freiarbeit ohne Zeitdruck bewährt
  • Hilfreich sind Entspannungsübungen (Phantasiereisen etc), Rollenspiele und Arbeiten im gestalterischen Bereich (angstfrei, ohne Leistungsdruck).
  • Schlagen Sie einen Kontakt beim Schulpsychologen vor, evtl. beim Kinder- und Jugendpsychiater.
  • Nehmen Sie Selbsttötungsankündigungen und Selbstmordgedanken immer ernst. Sprechen Sie mit dem Kind über seine Überlegungen, Absichten.
  • Trainieren Sie die Selbstsicherheit des Kindes oder Jugendlichen. Geben Sie ihm altersangemessene Sonderaufgaben, stellen Sie besondere Leistungen heraus.
  • Ruhe im Klassenzimmer, ein sicherer Rahmen und die Gelassenheit der Lehrer tragen zum Abbau von  Erregung bei.
  • Einbindung des Kindes/Jugendlichen in die Klassengemeinschaft.

Literatur
Steinhausen, H.-C. (1993). Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen. München: Urban & Schwarzenberg.
Petermann, F. (Hrsg.) (1995). Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie. Modelle psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter. Göttingen: Hogrefe.

Autorinnen
Monika Bentz, Beratungsrektorin
Sonja Maier, staatl. Schulpsychologin