Zeugnistag – Tag der Angst?
(Arthur Englbrecht)
Zweimal im Jahr gibt es für Hunderttausende
bayerischer Schüler Zeugnisse. Einige Anmerkungen dazu aus
schulpsychologischer Sicht.
Ob dieser Tag für Schüler und Eltern zu einem Freudentag oder einem
Tag der Trauer und des Frusts wird, hängt natürlich häufig in
erster Linie von den Noten ab, die im Zeugnis stehen.
Aber auch wenn das Zeugnis nicht so ausfällt, wie sich Schüler oder
Eltern das gewünscht hätten, muss dieser Tag nicht von Angst und
Stress geprägt sein.
Das Zeugnis kann ein guter Anlass für Schüler und Eltern sein,
gemeinsam Bilanz zu ziehen, wobei der Akzent auf dem Wort
„gemeinsam“ liegen sollte.
Anhand von Fragen kann sich der Schüler gemeinsam mit seinen Eltern
mit den dokumentierten Leistungen im Zeugnis befassen. In welchen
Fächern bin ich mit mir zufrieden? Wo hätte ich noch mehr leisten
können? Was bedeutet das Ergebnis dieses Schuljahres für meine
weitere schulische Laufbahn? In welchen Fächern sollte/könnte ich
mich verbessern? Was müsste ich dazu tun? Wo sollte ich mir Hilfe
und Unterstützung holen?
Die Eltern dokumentieren mit ihrem Interesse an den Leistungen des
Kindes auch ihr Interesse am schulischen Fortkommen desselben, was
Kinder und Jugendliche als sehr positiv empfinden, insbesondere
auch dann, wenn sie für gute Leistungen bestätigt werden und sei es
auch „nur“ in einem „Nebenfach“ wie Musik oder Sport.
Drohungen und Bestrafungen sind eher kontraproduktiv, da in der
Regel Schüler bei schlechten Noten oder bei Nichterreichen des
Klassenziels ohnehin entsprechend enttäuscht sind. Besser erscheint
es, ausgehend von der Situation, wie sie sich darstellt,
Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Dabei können schulische
Berater (Beratungslehrkräfte und Schulpsychologen) hilfreich
sein.
Überraschungen am Zeugnistag lassen sich am ehesten vermeiden, wenn
eine entsprechende Vertrauensbasis zwischen Eltern und Kindern
besteht, regelmäßige Gespräche über das schulische Fortkommen des
Kindes geführt werden und Kontakte zu Lehrkräften gehalten
werden.
Eltern sollten sich fragen, ob sie mit ihren Leistungsanforderungen
ihre Kinder nicht manchmal überfordern und evtl. ihre Erwartungen,
die sie im Hinblick auf eine bestimmte Schullaufbahn haben, vom
Kind als belastend erlebt werden. Auch hier kann eine Beratung mit
einem schulischen Experten hilfreich sein.
Für Kinder und Jugendliche, die Angst haben, mit ihrem (erwarteten)
schlechten Zeugnis den Eltern gegenüber zu treten, gibt es die
Möglichkeit, sich vom Lehrer oder vom zuständigen Schulpsychologen
Tipps zu holen, wie sie die Situation bewältigen können. Eine
Möglichkeit der anonymen telefonischen Beratung bietet das an
manchen Orten eingerichtete
Sorgentelefon oder das
Kinder- und Jugendtelefon, das unter der bundesweiten Nummer
0800-1110333 von Montag bis Freitag von 15:00 –19:00
Uhr bundesweit zu erreichen ist.
Abschließend einige Internetadressen, die weiter helfen
können:
www.kinderundjugendtelefon.de
www.schulpsychologie.de
www.schulberatung.bayern.de