Rezension von Katharina Schlamp:

Wenn Geschwister streiten

Christine Kaniak- Urban / Andrea Lex-Kachel

Wenn Geschwister streiten
Raushalten oder einmischen – Was ist der richtige Weg für Eltern?

Dem Streit ihrer Kinder stehen Eltern oftmals hilflos gegenüber. Mehrmals am Tag greifen sie ein, um Ruhe herzustellen. Doch dadurch werden die Streitereien nicht weniger. Zwischen den Streithähnen vermitteln und einen Kompromiss finden, sich dabei raushalten ohne selbst Stellung zu beziehen oder ein Urteil zu fällen – diese elterliche Strategie fördert statt dessen die Kompetenz der Geschwister, mit Meinungsverschiedenheiten oder unterschiedlichen Bedürfnissen selbst zurande zu kommen. Anstelle der abwertenden Wolfssprache die akzeptierenden Giraffensprache anzuwenden, beugt dem nächsten Streit vor.

Hilfreicher Elternratgeber
Doch dieser Schritt ist für Eltern nicht leicht. Deshalb haben die erfahrenen Psychologinnen Dr. Christine Kaniak-Urban und Andrea Lex-Kachel einen Ratgeber geschrieben, der Wege für Eltern aufzeigt, Vermittler statt Schiedsrichter zu sein: „Wenn Geschwister streiten“ gibt konkrete Anregungen, wie Eltern bei Geschwisterstreit verhindern, sich emotional einbeziehen zu lassen und den Geschwistern wertschätzend Grenzen setzen. Ein ganzes Kapitel wird einem Thema gewidmet, mit dem so manche Eltern ihre Probleme haben: Konsequent sein.

Hintergründe von Geschwisterstreit
Entlastend und präventiv wirkt es, wenn Eltern die Hintergründe von Geschwisterstreit kennen. Deshalb zeigt das Buch auch, wie Eltern durch Erwartungshaltungen und Einstellungen den Streit beeinflussen, und welche unbewussten Strebungen und emotionalen Bedürfnisse nach Anerkennung und Selbstwertsteigerung die Geschwisterrivalität anfeuern, und wie sie selbst immer wieder in selbe Falle tappen.
Darüber hinaus erfährt der Leser Allgemeines über die Entwicklungsfelder der Geschwisterreihe – die Charakteristik der Erstgeborenen, des Nesthäkchens, des Sandwichkindes und wie Eltern häufig damit umgehen und Konflikte schüren ohne es zu wollen. Das Wissen über die vielfältigen Einflussfaktoren bietet Anregungen, wie sich unter dem Schutz starker Eltern die Geschwisterbeziehung positiv entfalten kann.

Theoriebasierte Ratschläge
Die konkreten Handlungsvorschläge basieren auf den zwei wichtigsten pädagogisch-psychologischen Richtungen , dem personzentrierten Ansatz aus der Humanistischen Psychologie und der Verhaltenstherapie.

Leseempfehlung
Der systematische Aufbau macht den Ratgeber für Eltern leicht zu handhaben: Ein Fallbeispiel wird aufgerollt, das Hintergrundwissen dazu geliefert und eine Übung fordert zum Ausprobieren auf. Da auch in der Schulklasse ein ähnliches soziales System wie die Familie ist, mit einer größeren Zahl von Geschwistern und nur einem Elternteil, können auch Lehrer viele Anregungen entnehmen, oder das Buch auf jeden Fall am Grundschulelternabend auf den Ratgebertisch legen. Beide Autorinnen schöpfen aus dem großen Erfahrungspool als Mütter, als Lehrerinnen und als Schulpsychologinnen. Es ist ihnen hervorragend gelungen, wissenschaftliche psychologische und pädagogische Modelle in konkrete Handlungsempfehlungen für hilfesuchende Eltern und Lehrer umzusetzen. Dabei verwenden Sie eine Sprache, die gut verständlich, bildhaft und klar ist. Es ist regelrecht spannend, in diesem Ratgeber zu lesen. Fazit: Sehr empfehlenswert!
Kaniak-Urban, Christine, Lex-Kachel Andrea (2005): Wenn Geschwister streiten – Lösungswege, die funktionieren. Kösel Verlag



Was tun bei Legasthenie in der Sekundarstufe?

Rezension von Bernhard Kamm

Bernd Ganser / Wiltrud Richter (Hrsg.)
Was tun bei Legasthenie in der Sekundarstufe?
Auer Verlag ISBN 3-403-03878-5; 320 S., kart.; 19.90 Euro

Endlich ein Buch für die Praxis, das sich auf die Sekundarstufe konzentriert! Es bringt im Kapitel Theoretische Grundbausteine einen fundierten Überblick über die wesentlichen wissenschaftlichen Modelle zur Legasthenie, der - mit passenden Beispielen aus der Schulpraxis versehen - gut verständlich wird. Sinnvollerweise folgt darauf eine informationsreiche Einführung in die Instrumente der Legastheniediagnose wie z. B. die Hamburger Schreibprobe 4 - 9. Kommentare dazu erleichtern ihren zielgenauen Einsatz in der Praxis. Anschließend werden unterschiedliche Förder– und Präventionskonzepte ausführlich und anschaulich dargestellt. Insgesamt ergibt sich dadurch das Konzept einer Legasthenieförderung, das sich durch eine Weitwinkelperspektive auszeichnet. So können unterschiedliche Schülertypen und unterschiedliche Gewichtungen bei der Förderung durch Lehrer, Psychologen und Eltern profitieren. Nebenbei wird auch deutlich, wie groß die Kluft zwischen Wünschenswertem und Realität ist, wenn es um Legasthenieförderung in der Sekundarstufe geht.
Ein Highlight sind auch die Tipps für Lehrer, wie sie ihren Schülern mit Lese-/ Rechtschreibschwierigkeiten in einzelnen Unterrichtsfächern (Deutsch, Fremdsprachen) und bezogen auf ihre Schulart (Realschule, Gymnasium), helfen können. Sie sind in der Praxis erprobt und konkret beschrieben, so dass sie zum Ausprobieren einladen. Auch für interessierte Eltern bietet das Buch viele wichtige Informationen und sehr brauchbare Anregungen. Ferner werden psychologische Trainingsprogramme vorgestellt und evaluiert, was für das Niveau dieses Buches spricht. Eine komplette Zusammenstellung der Bekanntmachungen des Bayerischen Staatsministeriums, beginnend mit der KMBek von 1999 zur Legasthenieförderung und weitergeführt bis zu den aktuellsten Kommentaren dazu, erleichtert jedem Betroffenen die Orientierung. Der Überblick über die juristische Regelung der Legasthenie in anderen Bundesländern ist an Informationsgehalt und Übersichtlichkeit kaum zu überbieten. Dieses Buch ist, was die aktuelle Legasthenieförderung in der Sekundarstufe in Bayern anbelangt, sicher das Basiswerk.


Persönlichkeitsentwicklung für Lehrer: Das SESAM Konzept

Rezension von Wolfram Hoffmann
Persönlichkeitsentwicklung für Lehrer: Das SESAM Konzept

Autoren: Pia Kühne Kamm und Bernhard Kamm
Auer Verlag; 18.80 Euro

SESAM bedeutet: Stärken erkennen, Stärken ausbauen, miteinander! Das Konzept der Orientierung an persönlichen Stärken, das die Autoren verfolgen, wurzelt in den Vorstellungen der humanistischen Psychologie zur Persönlichkeitsentwicklung. Persönliches Wachstum wird von ihnen in einem realistischen Rahmen gesehen, denn es geht dabei nicht nur darum, die eigenen persönlichen Stärken zu erkennen, sondern die Entwicklungshindernisse und Schwierigkeiten, die mit den jeweiligen Stärken verknüpft sind, anzugehen und so die Stärken auszubauen. Die Autoren machen nicht den Fehler, Ängste und blinde Flecken durch positives Denken wegzuschieben, sondern sie empfehlen, sich mit ihnen zu beschäftigen und zu einem offenen Austausch von Selbstbildern und Fremdbildern zu kommen, was gerade auch für Lehrerinnen und Lehrer wichtig ist. Ein solches Miteinander bei der professionellen Persönlichkeitsentwicklung wird immer wieder betont.
Das SESAM Konzept formuliert verschiedene Kategorien von Persönlichkeitspotenzialen und Wege, auf denen sie sich entfalten können. Die Autoren haben dabei sehr darauf geachtet, mit ihren Begriffen für Persönlichkeitsstrukturen keine Gewinner- und Verliererecken zu schaffen, sondern die Kommunikation über Persönliches zu fördern. Beispielsweise gibt Empathiefähigkeit als ein persönlicher Schwerpunkt einem Lehrer genau so eine Chance, eine überzeugende Lehrerpersönlichkeit zu werden, wie der Schwerpunkt Durchsetzungsvermögen bei einer anderen Lehrerpersönlichkeit.
Das Besondere dieses stärkenorientierten Konzeptes zur Persönlichkeitsentwicklung ist die Fülle an biographischen Beispielen, mit der die Autoren ihr Konzept verdeutlichen. Die reichen Anregungen, die daraus erwachsen, laden dazu ein, bei den notwendigen Kategorisierungen stets auch die bunte Vielfalt des Lebens zu sehen und die Biographien auch als Übungsmaterial für Menschenkenntnis zu verwenden.
Vor diesem Hintergrund geben die Autoren auch Empfehlungen für die Ausbildung der Referendare, für das Mitarbeitergespräch, für Teambildung in Lehrerkollegien und für Lehrergesundheit.